Rote, grüne, gelbe, blaue, lieber Martin komm und schaue…
Nein, keine Angst – so weit ist es noch nicht.
Es geht aber um das Farbenspiel, das übertragen in die Imkersprache folgendermaßen lautet: weiß-gelbe Rosen grünen unter blauem Himmel.
Weiß, gelb, rot, grün und blau. Das sind die Farben, die für die Königinnen im fünfjährigen Rhythmus vergeben werden, beziehungsweise mit denen die Königinnen gezeichnet werden. Fünf Jahre. So alt kann eine Bienenkönigin werden.
In den letzten Jahren hat sich aber gezeigt, dass bei uns immer weniger Königinnen dieses für normale Bienen biblische Alter auch wirklich erreichen. Das hat seine Ursache unter anderem darin, dass die Königinnen kaum noch eine Winterruhe haben.
Der normale Jahreszyklus für die Königinnen beginnt im Februar mit geringer Legetätigkeit, baut sich dann über März, April und Mai auf und erreicht im Juni, vielleicht auch noch in der ersten Julihälfte, sein Maximum. Hier legt die Königin über 2.000 Eier pro Tag, die übrigens mehr wiegen als die Königin mit ihren 160 Milligramm selbst. Die Volksstärke hat dann die stattliche Zahl von 40.000 – 45.000 Tieren erreicht.
Gegen Mitte August nimmt die Legetätigkeit etwas ab, Drohnen werden auch keine mehr erzeugt, sondern die verbliebenen sogar aus dem Volk befördert.
Und damit sind auf einmal sehr viel weniger Tiere da, die dann eben auch sehr viel weniger von dem mühsam eingetragenen Winterfutter, sprich: Honig, verputzen.
Die Königin legt jetzt weniger Eier, die Volksstärke sinkt bis September auf ungefähr 15.000 bis 20.000 Bienen.
Danach, also Mitte September bis Mitte Oktober, werden bei „normalem“ Brutbetrieb die „Winterbienen“ erzeugt. Das sind keine besonderen Bienen, sondern einfach nur Bienen, die in der Winterzeit weniger zu tun haben: Sie brauchen keinen Nektar zu sammeln, die Brutpflege ist im Winter ebenfalls sehr viel geringer (womit auch die sehr anstrengende Produktion von Futtersaft geringer ist), sie brauchen keine neuen Waben zu bauen oder Wache zuschieben um das Nest zu verteidigen - kurzum: ihnen kommt im Winter lediglich die Aufgabe zu, die „Bienenkugel“, die über mehrere Waben hinweg gebildet wurde, durch Vibration der Brust- beziehungsweise Flugmuskeln schön warm zu halten.
Die Volksstärke liegt jetzt bei 7.000 – 10.000 Tieren. Im Inneren der Bienenkugel ist es schön warm - die Temperatur liegt bei 37°C bis 39°C, auch wenn es draußen knackekalt ist. Übrigens: Früher meinten viele Imker, die Bienen wärmten im Winter die gesamte Bienenbehausung und versuchten die Bienen durch warmes Einpacken der Bienenbeuten zu unterstützen.
Die außen an der Bienenkugel Sitzenden sind für das Heranschaffen des eingelagerten Futters zuständig, das auch wirklich bis zur letzten Biene ganz innen durchgereicht wird. Sind die "Außenbienen" zu sehr abgekühlt, begeben sie sich ins Innere der Kugel und andere holen das Futter.
Diese geringe Einzelbelastung führt dazu, dass Winterbienen bis zu sechs Monate alt werden, also von Oktober bis April das Bienenvolk samt Königin über den Winter am Leben erhalten können.
Soweit der Normalfall bisher.
Als allgemein bekannt gilt, dass dieser „Normalwinter“ nicht mehr gilt. Der oft warme Herbst zieht sich bis Weihnachten, und der Frühling beginnt oft schon Mitte Februar. Die sogenannte Winterruhe für die Bienen hat sich auf höchstens fünf Wochen verkürzt, so dass es in vielen Völkern kaum noch zur Bildung einer richtigen Bienentraube kommt. Die Bienen fliegen also bis in den Dezember hinein, und sehr oft geht es Ende Januar schon wieder los. Und, wie man in den letzten Jahren beobachten konnte, blühen in der Tat auch noch viele Pflanzen, so dass die Bienen sogar fündig werden und etwas Nektar und Pollen nach Hause tragen können.
Im Volk sieht es also folgendermaßen aus:
Die Bienen bilden kaum noch eine Wintertraube, sondern viele sind draußen unterwegs.
Das verkürzt ihre Lebensdauer.
Zum Ausgleich für die nun früher erschöpften und sterbenden Bienen legen die Königinnen weiterhin Eier, zwar nicht so viele, aber sie legen.
Diese Brut muss gefüttert und nicht nur in den Nächten von jeweils einzelnen Bienen warmgehalten werden, indem sie sich auf die Brutzellen setzen und Wärme erzeugen.
Das kostet viel Energie, womit das Winterfutter schneller zur Neige geht und die Bienen auf das Sammeln von Pollen und Nektar angewiesen sind, von dem es aber bei weitem nicht genug gibt.
Oft werden daher Brutbereiche wegen Futtermangel aufgegeben und die Brut erfriert.
Es ist ein teuflischer Kreislauf, der dazu führt, dass Bienenvölker im Frühjahr völlig ausgelaugt und dezimiert abzusterben drohen. Ja, natürlich hilft der Imker wo er nur kann und hängt Futterwaben um, um einen „Futterabriss“ zu vermeiden. Oder er füttert im zeitigen Frühjahr nochmal nach. Aber gegen die Temperaturen und den natürlichen Drang der Bienen bei schönem Wetter zu fliegen kann auch er nichts tun.
Weiß, gelb, rot, grün und blau: fünf Jahresfarben für die Königinnen, weil sie ja fünf Jahre alt werden können. Aber auch das gilt nicht mehr uneingeschränkt.
Oft werden Königinnen bei uns nicht mehr fünf, sondern „natürlich“ nur noch bis zu drei Jahre alt.
Aus zweierlei Gründen, die miteinander verknüpft sind.
Die Verknüpfung bildet das Nachschaffen von Bienen im Winter.
Hierdurch verbrauchen die Königinnen zum Einen mehr Lebensenergie, was dazu führt, das sie früher als sonst nicht mehr genug Königinnenduft absondern und dem Volk damit das Vorhandensein einer starken Königin demonstrieren können.
Zum Anderen sind sie durch die stetige winterliche Eilage schneller nicht mehr in der Lage, befruchtete Eier zu legen weil einfach der Spermienvorrat, der sonst für die gesamten fünf Lebensjahre ausreicht hatte, erschöpft ist.
Spielt das im Winter nicht unbedingt eine tragende Rolle, so wirkt sich das im Frühjahr umso stärker aus. Dann nämlich, wenn es eigentlich so richtig losgehen sollte mit dem Aufbau des Volkes auf bis zu 45.000 Bienen im Sommer (bei einer Bienenlebensspanne von sechs Wochen).
Wie?
Die Königin „duftet“ nicht mehr stark genug und legt auch keine Eier zur Verstärkung des Volkes mehr?
Dann hinfort mit ihr.
Die Königin ist tot – Es lebe die Königin.
Hierzu verfolgen die unterschiedlichen Völker (denn jedes Bienenvolk ist unterschiedlich!) verschiedene Strategien.
Eine Methode ist natürlich das Töten der Königin.
Eine weitere ist das Hinaustragen und die Verbannung aus dem Volk.
Eine dritte Möglichkeit ist die Bildung eines „Scheinschwarmes“. Hierzu wird der Königin simuliert, es gehe nun hinaus in die große, weite Welt zur Suche nach einem neuen Zuhause.
Das halbe Volk ist in aufgebrauster Stimmung, und dann geht es mit der Königin tatsächlich hinaus, aber nur unweit des Bienenstockes. Dort lässt man sich dann um die Königin herum nieder und wartet ein Weilchen, bis sich alles etwas beruhigt hat.
Aber man sucht gar kein neues Zuhause, sondern verabschiedet sich einfach nach und nach grußlos und steuert das bisherige Heim wieder an. Die hilflose Königin bleibt allein zurück und wird das Opfer eines Vogels. Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei, die Bienen sind wieder zu Hause und die „Alte“ los.
Die ganze Aktion von der Feststellung der Unbrauchbarkeit der Königin bis zu ihrer Entfernung kann sehr schnell gehen, oft schneller als es für das Bienenvolk eigentlich sinnvoll ist. Hat die Königin bis zu ihrem traurigen Ableben oder Verbannung aus dem Volk noch „gestiftet“ (die Eier sehen aus wie kleine Stifte), dann kann sich das Bienenvolk durch entsprechende Fütterung der Larven selbst eine neue Königin nachziehen. War das nicht der Fall:
Pech! Das Volk wäre zum Absterben verurteilt.
Durch das Ausbleiben des permanenten Königinnenduftes bleibt auch die hierdurch mitverursachte Unterdrückung der Eierstocktätigkeit der Arbeiterinnen aus. Einige von ihnen beginnen Eier zu legen. Nicht so schön sauber wie eine Königin genau ein Ei in die Mitte der Brutzelle gestellt, sondern kreuz und quer gestellt, gelegt, egal wie, Hauptsache gelegt. Und auch manchmal drei bis fünf Eier in eine Zelle, aber immerhin – sie legen.
Nur – die Arbeiterinnen sind nun mal keine Königinnen und wurden ja auch nie befruchtet. Und aus unbefruchteten Eiern werden nun mal keine Mädels und schon gar keine Königin, sondern nur Drohnen, sprich: Männchen. Und damit kann kein Bienenvolk überleben.
Ja, natürlich hilft dann auch hier der Imker, indem er die „Drohnenmütterchen“ entfernt und dann ein Brutbrett möglichst mit Eiern aus einem anderen Volk zugibt und es dem Volk ermöglicht, seine Existenz zu retten. Aber es passiert immer häufiger so früh und dies war bislang nicht die Regel. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sind viele Imker mittlerweile dazu übergegangen, ihre Königinnen bereits nach deren zweiten Jahr „auszutauschen“, auch um eine unnötige Schwarmneigung zu unterdrücken. Denn, legt die Königin fleißig genug und ist vital genug um stark zu duften, fühlen sich die Mädels auch etwas weniger geneigt, das Nest als Schwarm zu verlassen.
Widerfährt dem Imker ein solcher Königinnenmangel zwischen Frühjahr und Sommer, kann er wie beschrieben aushelfen. Kommt dies jedoch im Herbst oder Winter dazu, so kann er meistens nur noch Völker ohne Königin (weisellos, der alte Name für Königin ist Weisel) mit einem „weiselrichtigen“ Volk zusammenführen. Das heißt, er verliert Völker. Er kann zwar seinen Völkerbestand im Frühjahr wieder vergrößern, aber die neuen Völker, die Ableger, werden ja erst im darauffolgenden Jahr Wirtschaftsvölker und produzieren erst dann nennenswerte Mengen an Honig.
Sie sehen also, der Klimawandel macht auch vor uns Imkern und ihren Bienen nicht halt, und bei der Geschwindigkeit mit der sich dieser Wandel vollzieht (bis zu welchem Punkt?!), ist nicht abzusehen, ob sich jeder auf die sich geradezu überschlagenden Ereignisse rechtzeitig anpassen kann.
Und auch die Menge des in Deutschland produzierten Honigs wird lokal teilweise abnehmen können.
Wir Imker sind auf der Hut, helfen wo wir können und nehmen den Bienen nur so viel an Honig für Sie, wie wir vertreten können.
Also:
Genießen Sie ihn. Mit jedem Löffelchen.
Und wie sieht es in diesem Winter 2022 /2023 aus?
Wieder so wie zu Sylvester 2021 / 2022?
Warten wir's ab.
Bis zum Vorfrühling
Ihre "Privatimker"